Eigentlich wollte ich heute produktiv sein, aber …


Achtung, dies wird ein sehr persönlicher Post.

Ich habe gerade erfahren, dass eine Autorin, mit der ich zusammengearbeitet habe, gestorben ist. Sie hat 2014 mit mir zusammen ihr (ich glaube) drittes Buch realisiert, ein erotischer Science-Fiction-Roman, so hat sie es genannt. Eine Utopie, so würde ich es sagen. Es geht in dem Buch um eine ältere Frau, die für begrenzte Zeit auf einem Planeten verweilen darf, auf dem die Bewohner nicht nur für uns Menschen skurril erscheinende Angewohnheiten haben, sondern vor allem eins tun: in Harmonie zusammenleben und ihr Leben genießen.

Es mag keine Überraschung sein, dass die Autorin selbst auch schon über 60 war und ihr Alltag wohl durchaus stressig war. Sie erzählte mir, dass sie viel arbeitet, vor allem auch Nachtschichten und am Wochenende. Sie träumte davon, Schriftstellerin zu sein – was sie mit drei veröffentlichten Bücher ja schon war.

Nachdem wir zusammengearbeitet hatten, trafen wir uns auf der Frankfurter Buchmesse. Eine süße, kleine Frau mit weißen Haaren, die genauso hieß wie meine Oma und ihr auch ein wenig ähnlich sah. Sie hat mich auf einen Kaffee eingeladen, um sich bei mir zu bedanken, dass ich sie ernstgenommen und ihr mit dem ganzen Computer-Krams geholfen hatte. Ich war sehr happy. Denn das sind die Momente, in denen ich weiß, wofür ich mich mit meinem Selfpublishing-Service und Autoren-Coaching selbstständig gemacht habe und das alles überhaupt mache: Nein, nicht um gratis Kaffee abzustauben. Sondern um Menschen (Autoren!) dabei zu helfen, ihren Traum wahr werden zu lassen. Denn so einfach das Selbstverlegen heutzutage auch ist, nicht jeder fühlt sich dem gewachsen. Nicht jeder hat jemanden im Bekanntenkreis, mit dem man mal über eine Idee brainstormen kann oder der einem bei Computerfragen hilft, wenn man keine Erfahrung hat oder gerade auf dem Schlauch steht. Und nicht jeder hat jemanden, der diese Leidenschaft mit einem teilt.

Es geht gar nicht darum, einen Bestseller zu veröffentlichen und reich zu werden. Es geht um das Ausleben einer Leidenschaft, um das Abenteuer, um das Entdecken einer neuen Welt, um das Genießen und Spaß haben.

Die Autorin hat gerade kurz vor mir Geburtstag gehabt. Wir haben uns auf Facebook hin und hergratuliert. Währenddessen hatte ich ihr noch bei einer Werbeaktion für Ihr eBook geholfen. Dabei gab es ein Missverständnis. Sie schickte mir sogar einen Brief, zusammen mit ihrem aktuellen Buchflyer, um das Missverständnis aufzuklären. Der Brief liegt hier immer noch auf meinem unordentlichen Schreibtisch. Wir konnten alles klären, alles ist gut. Vor genau einer Woche schickte sie mir eine elektronische Grußkarte mit den Worten: „Es tut mir leid, dass ich dich genervt habe. Ich war ein Esel.“

Sie habe mich nicht genervt, dafür bin ich doch da!, waren meine knappen letzten Worte, die ich ihr gemailt habe. Und jetzt sitze ich hier, habe erfahren, dass sie irgendwann zwischen der Grußkarte und heute ins Krankenhaus eingeliefert worden ist, wo sie an „schwachem Herzen“ wohl gestorben ist. Nachdem ich den ersten Schock verdaut habe, fängt die Geschäftsfrau in mir an zu überlegen: Was passiert jetzt mit dem Printbuch und dem eBook? Wenn die Angehörigen das Konto auflösen, was macht Amazon mit den monatlichen Tantiemen? Weiß die Familie Bescheid, haben sie die Zugangsdaten zu KDP und CS? … Na, vermutlich haben sie gerade ganz andere Dinge im Kopf.

Ich lasse unsere Begegnung Revue passieren. Ich freue mich für sie, dass sie dem Stress der Nacht- und Wochenendschichten entkommen ist, den sie immer wieder nebenbei erwähnt hat. Hoffe, dass sie in ihren letzten Momenten zurückgeblickt hat und zufrieden mit ihrem Autorenleben gewesen ist, es genossen hat.

So traurig das auch ist, wenn jemand von uns geht, es gehört zum Leben dazu. Nachdem ich jetzt all meine Gedanken sortiert und heruntergeschrieben habe (weil ich alleine in meinem Home Office sitze und es mir nicht von der Seele quatschen kann), überlege ich mir, was ich aus der heutigen Erfahrung für mich (ganz egoistisch) mitnehme:

Wie würde mein eigener perfekter Planet aussehen? Und wie kann ich das schon jetzt in meinem Alltag real werden lassen?